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  • AutorenbildDr. Michael Thorn

Gesetzlicher Mindestlohn für entsandte ausländische Betreuungskräfte in Privathaushalten

Aktualisiert: 31. Juli

Ausländische Betreuungskräfte, die in einen deutschen Privathaushalt entsandt werden, haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Arbeitsstunden, einschließlich des Bereitschaftsdienstes. Darunter ist die Verpflichtung der Betreuungskraft zu verstehen, im Haushalt der betreuten Person zu wohnen und jederzeit bei Bedarf Arbeit zu leisten, unabhängig davon, ob es sich um Tag- oder Nachtstunden handelt.



Stapel von Münzen

Zum Sachverhalt

Die Klägerin, eine bulgarische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Bulgarien, war seit April 2015 als Sozialassistentin bei der Beklagten, einem Unternehmen mit Sitz in Bulgarien, beschäftigt. Der Arbeitsvertrag in bulgarischer Sprache sieht eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vor, wobei Samstag und Sonntag arbeitsfrei sein sollten. Nach ihrer Entsendung nach Berlin arbeitete die Klägerin im Haushalt einer über 90-jährigen zu betreuenden Person, bei der sie auch wohnte, und erhielt eine Nettovergütung von 950,00 Euro pro Monat. Zu ihren Aufgaben gehörten neben Haushaltstätigkeiten auch eine "Grundversorgung" sowie soziale Aufgaben wie Gesellschaft leisten und gemeinsame Interessenverfolgung. Der Einsatz der Klägerin erfolgte auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags, in dem sich die Beklagte verpflichtete, die aufgeführten Betreuungsleistungen durch ihre Mitarbeiter im Haushalt der zu betreuenden Person zu erbringen.


Die Klägerin hat im August 2018 Klage unter Berufung auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) erhoben und weitere Vergütung gefordert. Sie behauptete, nicht nur 30 Wochenstunden bei der Betreuung, sondern rund um die Uhr gearbeitet oder in Bereitschaft gewesen zu sein. Sie habe auch nachts die Tür zu ihrem Zimmer offenlassen müssen, um auf Rufe der zu betreuenden Person Hilfe leisten zu können.

Die Klägerin forderte zuletzt die Zahlung von 42.636,00 Euro brutto abzüglich erhaltener 6.680,00 Euro netto nebst Prozesszinsen für den Zeitraum von Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015.


Die Beklagte beantragte Klageabweisung und argumentierte, dass sie nur den gesetzlichen Mindestlohn für die vereinbarten 30 Wochenstunden schulde. In dieser Zeit hätten die Aufgaben der Klägerin erledigt werden können. Sie behauptete, dass kein Bereitschaftsdienst vereinbart worden sei. Falls die Klägerin tatsächlich mehr gearbeitet habe, sei dies nicht auf Veranlassung der Beklagten geschehen.



Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts


Das Landesarbeitsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und angenommen, dass die Klägerin täglich 21 Stunden gearbeitet hat, was durch Schätzung ermittelt wurde.

Hiergegen richten sich die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin mit Erfolg.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass ausländische Arbeitgeber auch verpflichtet sind, den gesetzlichen Mindestlohn nach § 20 iVm. § 1 MiLoG zu zahlen, wenn sie Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden.


Hierbei handelt es sich um Eingriffsnormen iSv. Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO, die unabhängig davon gelten, ob ansonsten auf das Arbeitsverhältnis deutsches oder ausländisches Recht Anwendung findet.

Die Revision der Beklagten war jedoch erfolgreich, da das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten zum Umfang der geleisteten Arbeit nicht ausreichend gewürdigt hat. Das Landesarbeitsgericht hat zwar berücksichtigt, dass eine 24-Stunden-Betreuung durch die Klägerin vorgesehen war, hat aber den Hinweis der Beklagten auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Stunden/Woche nicht ausreichend berücksichtigt.


Die Anschlussrevision der Klägerin war ebenfalls erfolgreich, da für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Klägerin täglich drei Stunden Freizeit hatte, keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts wurde daher aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären und den Vortrag der Parteien umfassend zu würdigen. Es dürfte – nach Aktenlage – nicht fernliegend sein, dass die Klägerin mehr als die im Arbeitsvertrag angegebene Arbeitszeit von 30 Stunden/Woche leisten musste.


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Juni 2021 – 5 AZR 505/20 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. August 2020 – 21 Sa 1900/19 –


Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.6.2021



Hinweis: Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken und stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten Rechtsfragen sollten Sie immer einen Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren, um eine individuelle und fundierte Beratung zu erhalten.


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