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Aktuelles im Arbeitsrecht
Arbeitsentgelt Leiharbeit - Tarifvertrag
Autor: Dr. Michael Thorn, 26.10.2023
Die Vorschrift § 8 Abs. 2 AÜG erlaubt tarifliche Ausnahmen vom Prinzip "equal pay" in geringerem Maße.
Prinzip „equal pay“ und Ausnahmen bei der Leiharbeit
Vom Prinzip, dass Leiharbeitnehmer während einer Überlassung das gleiche Gehalt wie vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers erhalten sollten („equal pay“), erlaubt § 8 Abs. 2 AÜG tarifliche Ausnahmen in geringerem Maße. Das bedeutet, dass der Verleiher dem Leiharbeitnehmer nur das niedrigere tarifliche Gehalt zahlen muss. Ein solches Tarifsystem wurde vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ver.di eingeführt. Dieses System entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104/EG** (Leiharbeits-RL).
Entscheidung der Vorinstanzen
Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten, einem Unternehmen für Arbeitnehmerüberlassung, als Teilzeit-Leiharbeitnehmerin auf Basis eines befristeten Vertrags gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG. Während Januar bis April 2017 war sie vorwiegend bei einem Einzelhandelsunternehmen als Kommissioniererin tätig und erhielt einen Stundenlohn von 9,23 Euro brutto. Sie argumentierte, dass vergleichbare Stammarbeitnehmer 13,64 Euro brutto pro Stunde verdienten. Daher forderte sie unter Berufung auf den Gleichstellungsgrundsatz des § 8 Abs. 1 AÜG bzw. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG aF eine Differenzvergütung von 1.296,72 Euro brutto für diesen Zeitraum. Sie behauptete weiterhin, dass das Tarifwerk von iGZ und ver.di, das auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung fand, nicht mit Art. 5 Abs. 3 der Leiharbeits-RL übereinstimmt. Die Beklagte wies die Klage zurück, argumentierte, dass das Tarifwerk nicht gegen das Unionsrecht verstoße und bestritt das von der Klägerin angegebene Gehalt vergleichbarer Stammarbeitnehmer. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Die Klägerin hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg mit ihrer Revision. Aufgrund von Fragen zum Unionsrecht setzte der Senat das Revisionsverfahren mit einem Beschluss vom 16. Dezember 2020 (- 5 AZR 143/19 (A) – BAGE 173, 251) aus. Er bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine Vorabentscheidung zu rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem "Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern", wie in Art. 5 Abs. 3 der Leiharbeits-RL gefordert, jedoch nicht näher erläutert. Der EuGH gab seine Entscheidung dazu am 15. Dezember 2022 im Fall "TimePartner Personalmanagement" (- C-311/21) bekannt.
Nach Fortsetzung des Revisionsverfahrens wies der Senat die Revision der Klägerin als unbegründet ab. Sie hat keinen Anspruch auf das gleiche Entgelt wie vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers. Durch das Tarifwerk von iGZ und ver.di, das aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gilt, war die Beklagte nur zur Zahlung des tariflichen Entgelts verpflichtet. Dieses Tarifwerk entspricht den Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 der Leiharbeits-RL, insbesondere in Kombination mit den gesetzlichen Schutzbestimmungen für Leiharbeitnehmer. Auch wenn die Klägerin weniger verdient hat als vergleichbare Stammarbeitnehmer, ist dies gemäß Art. 5 Abs. 3 der Leiharbeits-RL zulässig, solange der Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer gewahrt bleibt. Laut EuGH müssen Ausgleichsvorteile diese Ungleichbehandlung kompensieren. Ein solcher Vorteil kann die Entgeltfortzahlung in verleihfreien Zeiten sein. Das Tarifwerk von iGZ und ver.di garantiert diese Fortzahlung. Zudem hat der deutsche Gesetzgeber sicher gestellt, dass Leiharbeitnehmer mindestens den gesetzlichen Mindestlohn erhalten und die Abweichung vom Grundsatz des gleichen Entgelts zeitlich begrenzt ist.
§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 AÜG lautet:
„(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). …
(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. …“
Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2008/104/EG lautet:
„Die Mitgliedstaaten können nach Anhörung der Sozialpartner diesen die Möglichkeit einräumen, auf der geeigneten Ebene und nach Maßgabe der von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen Tarifverträge aufrechtzuerhalten oder zu schließen, die unter Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern Regelungen in Bezug auf die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Leiharbeitnehmern, welche von den in Absatz 1 aufgeführten Regelungen abweichen können, enthalten können.“
§ 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG lautet:
„Das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers (§ 615 Satz 1 BGB) kann nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden; § 615 Satz 2 BGB bleibt unberührt.“
Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 31.05.2023
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Mai 2023 – 5 AZR 143/19 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 7. März 2019 – 5 Sa 230/18 –
Leiharbeit im Arbeitsrecht - gleiches Arbeitsentgelt
"Equal Pay" bei Leiharbeit bedeutet, dass Leiharbeitnehmer für die gleiche Arbeit denselben Lohn erhalten sollten wie die Stammarbeitnehmer des Entleihers. Es soll sicherstellen, dass Leiharbeitnehmer nicht aufgrund ihres Status als Leiharbeitnehmer benachteiligt werden und fair entlohnt werden.
Equal Pay" bei Leiharbeit ist in Deutschland im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Der Grundsatz des "Equal Pay" ist in § 8 Abs. 1 AÜG festgelegt:
"Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren."
Das bedeutet, dass Leiharbeitnehmer grundsätzlich denselben Lohn für die gleiche Arbeit erhalten sollten wie vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers. Es gibt jedoch Ausnahmen, die in weiteren Abschnitten des AÜG und in Tarifverträgen geregelt sind.
Hinweis Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken und stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten Rechtsfragen sollten Sie immer einen Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren, um eine individuelle und fundierte Beratung zu erhalten.
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