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Aktuelles im Arbeitsrecht

Überstundenzuschlag nur für Tätigkeit in Vollzeit diskriminiert Teilzeitbeschäftigte

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Autor: Dr. Michael Thorn, 5.12.2024

Eine tarifliche Regelung zu Überstundenzuschlägen, darf nicht zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten diskriminierend unterscheiden. So entschied das Bundesarbeitsgericht bei einer Teilzeitbeschäftigten, die geltend machte gegenüber Vollzeitkräften benachteiligt zu werden. Das Gericht stellte klar: Teilzeitkräfte dürfen bei Überstunden nicht schlechtergestellt werden, sofern keine sachlichen Gründe für eine Differenzierung vorliegen.

Pflegekraft in Teilzeit

Sachverhalt

Der Beklagte ist ein ambulanter Anbieter von Dialyseleistungen und beschäftigt mehr als 5.000 Mitarbeiter. Die Klägerin arbeitet bei ihm in Teilzeit als Pflegekraft mit einer Arbeitszeit von 40 % einer Vollzeitstelle. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist ein Manteltarifvertrag (MTV), der zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen wurde und auf den Arbeitsvertrag der Klägerin Anwendung findet. Laut § 10 Ziff. 7 Satz 2 des MTV werden Überstunden, die über die monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen und nicht durch Freizeit ausgeglichen werden, mit einem Zuschlag von 30 % vergütet. Alternativ kann der Zuschlag als Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto angerechnet werden. Ende März 2018 hatte die Klägerin ein Arbeitszeitguthaben von 129 Stunden und 24 Minuten. Der Beklagte zahlte jedoch für diese Zeiten weder den tariflichen Überstundenzuschlag noch nahm er eine entsprechende Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto vor.


Entscheidung

Die Klägerin verlangte im Rahmen ihrer Klage eine Gutschrift von weiteren 38 Stunden und 39 Minuten Überstundenzuschlägen auf ihrem Arbeitszeitkonto sowie eine Entschädigung in Höhe eines Vierteljahresverdienstes nach § 15 Abs. 2 AGG. Sie argumentierte, dass § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV sie aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteilige und außerdem eine mittelbare Benachteiligung wegen ihres Geschlechts darstelle, da der Beklagte überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftige.

Das Arbeitsgericht wies die Klage vollständig ab. Das Landesarbeitsgericht erkannte der Klägerin die geforderte Zeitgutschrift zu, wies jedoch den Entschädigungsanspruch zurück. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts setzte das Revisionsverfahren zunächst aus und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor, die dieser am 29. Juli 2024 beantwortete.

In der Revisionsentscheidung hatte die Klägerin teilweise Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte ihren Anspruch auf die Zeitgutschrift und sprach ihr darüber hinaus eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro zu. Es stellte fest, dass § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV gegen das Diskriminierungsverbot für Teilzeitbeschäftigte nach § 4 Abs. 1 TzBfG verstößt. Die Regelung ist insoweit unwirksam, als sie keine anteilige Anpassung der Grenze für Überstundenzuschläge bei Teilzeitbeschäftigten vorsieht. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung war nicht ersichtlich. Die Unwirksamkeit der Regelung führte zu einem Anspruch auf die geforderte Zeitgutschrift.

Zudem wurde der Klägerin eine Entschädigung wegen mittelbarer Geschlechtsdiskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG zugesprochen. Da über 90 % der Teilzeitbeschäftigten beim Beklagten Frauen sind, bewirkte die tarifliche Regelung eine geschlechtsspezifische Benachteiligung. Der zugesprochene Betrag von 250 Euro wurde als ausreichend angesehen, um den immateriellen Schaden der Klägerin auszugleichen und eine abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu erzielen.


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Dezember 2024 – 8 AZR 370/20 –

Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2019 – 5 Sa 436/19 –


Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 5.12.2024



Hinweis Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken und stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten Rechtsfragen sollten Sie immer einen Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren, um eine individuelle und fundierte Beratung zu erhalten.

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