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Abfindung berechnen und erfolgreich verhandeln
Wie hoch sollte Ihre Abfindung sein? Die Antwort liegt in einer einfachen Formel - doch deren Ergebnis hängt entscheidend von einem oft unterschätzten Element ab: dem Faktor. Während Bruttogehalt und Beschäftigungsdauer feststehen, ist der Faktor frei verhandelbar und bestimmt die Höhe Ihrer Abfindung exponentiell.
Dieser Artikel erklärt Ihnen präzise, wie die Abfindungsformel funktioniert, welche Faktoren in der Praxis realistisch sind und mit welchen Strategien Sie den Faktor erfolgreich verhandeln können. Sie erfahren, welche Parameter den Faktor beeinflussen, wie Sie das Prozessrisiko als Verhandlungshebel einsetzen und welche taktischen Fehler Sie vermeiden sollten.
Als Rechtsanwalt und Fachanwältin für Arbeitsrecht haben wir in über 25 Jahren mehr als 1.500 Mandate betreut und unzählige Abfindungen verhandelt. Unsere Erfahrung zeigt: Arbeitnehmer ohne anwaltliche Vertretung akzeptieren häufig zu geringe Faktoren während bei professioneller Verhandlung oft deutlich höhere Faktoren erzielt werden können. Das bedeutet in der Praxis: 60 bis 80 Prozent höhere Abfindungen durch strategische Verhandlungsführung.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Information und soll nur ein erstes Verständnis für arbeitsrechtliche Fragestellungen vermitteln. Er ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Trotz sorgfältiger Bearbeitung wird keine Haftung für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernommen. Bei konkreten Fällen wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Formel zur Berechnung der Abfindung
Die gängige Berechnungsformel für Abfindungen lautet:
Abfindung = Bruttomonatsgehalt × Beschäftigungsjahre × Faktor
Diese Formel hat sich in der Praxis der Arbeitsgerichte etabliert und dient als Grundlage für Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Standardfaktor beträgt üblicherweise 0,5.
Hier liegt das größte Verhandlungspotenzial. Denn die Formel ist keine gesetzliche Vorgabe, sondern nur eine Verhandlungsbasis. Bei betriebsbedingten Kündigungen kann nach § 1a KSchG ein Faktor von 0,5 im Kündigungsschreiben angeboten werden, doch auch hier ist Verhandlung möglich und oft erfolgreich.
Der Faktor - das unterschätzte Element
Der Faktor in der Berechnungsformel ist kein fester Wert, sondern das zentrale Verhandlungselement. Während Bruttogehalt und Beschäftigungsdauer feststehen, ist nur der Faktor frei verhandelbar und spiegelt letztlich das Prozessrisiko wider, das der Arbeitgeber bei einer Kündigungsschutzklage tragen würde.
Typische Faktor-Bereiche in der Praxis
Faktor 0,25 bis 0,5: Schwache Verhandlungsposition des Arbeitnehmers, wirksame Kündigung mit geringem Prozessrisiko für den Arbeitgeber, verhaltensbedingte Kündigung oder personenbedingte Kündigung mit klarer Beweislage.
Faktor 0,5 bis 0,75: Standard-Verhandlungsbereich bei betriebsbedingten Kündigungen, durchschnittliches Prozessrisiko, mittlere Verhandlungsposition.
Faktor 0,75 bis 1,5: Starke Verhandlungsposition, hohes Prozessrisiko für Arbeitgeber, Fehler in der Kündigung, schwacher Kündigungsschutz beim Arbeitgeber, ältere Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit.
Faktor über 1,5: Ausnahmefälle bei sehr hohem Prozessrisiko für Arbeitgeber, leitende Angestellte, besondere Härtefälle, Kombination mehrerer günstiger Faktoren für den Arbeitnehmer.
Praktische Beispiele der Berechnung
Ausgangslage ist ein Arbeitnehmer mit einem Bruttomonatsgehalt von 4.000 Euro und einer Beschäftigungsdauer von 10 Jahren. Jetzt berechnen wir die Abfindung nach der Formel mit verschiedenen Faktoren:
Faktor 0,25 (schwache Position): 4.000 × 10 × 0,25 = 10.000 Euro
Faktor 0,5 (Standard): 4.000 × 10 × 0,5 = 20.000 Euro
Bei einem Faktor von 0,5 ergibt sich eine Abfindung von 20.000 Euro – dies ist der Betrag, der in typischen Fällen von den Arbeitsgerichten vorgeschlagen oder als Verhandlungsbasis genutzt wird.
Faktor 0,75 (gute Verhandlung): 4.000 × 10 × 0,75 = 30.000 Euro.
Verbessert sich die Ausgangslage des Arbeitnehmers etwa durch Fehler im Kündigungsverfahren, kann ein Faktor von 0,75 angesetzt werden. Dann steigt die Abfindung auf 30.000 Euro – das ist eine Steigerung um die Hälfte gegenüber dem Standardwert, obwohl sich am Gehalt und der Dauer nichts geändert hat.
Faktor 1,0 (starke Position) 4.000 × 10 × 1,0 = 40.000 Euro.
Bei besonders günstigen Umständen für den Arbeitnehmer, etwa gravierenden Mängeln auf Arbeitgeberseite oder einer unklaren Beweislage, kann auch ein Faktor von 1,0 erreicht werden, so dass sich die Abfindung auf 40.000 Euro verdoppelt.
Faktor 1,5 (sehr starke Position) 4.000 × 10 × 1,5 = 60.000 Euro.
In Ausnahmefällen, etwa bei leitenden Angestellten oder sehr hohem Prozessrisiko, ist sogar eine Verdreifachung auf 60.000 Euro denkbar.
Die dramatische Wirkung des Faktors
Diese Beispiele zeigen eindrucksvoll: Die Steigerung des Faktors von 0,5 auf 0,75 bedeutet nicht etwa nur 25 Prozent mehr Abfindung, sondern 50 Prozent mehr. Die Steigerung von 0,5 auf 1,0 hat eine Verdopplung der Abfindung zur Folge. Schon eine moderate Erhöhung des Faktors entfaltet auf diese Weise erhebliche Wirkung und vervielfacht die Abfindungssumme.
Aus diesem Grund sollte den Argumenten und der Vorbereitung für die Verhandlung des Faktors ganz besondere Aufmerksamkeit gelten – denn oft sind es diese Details, die über einen fünfstelligen Unterschied im Endergebnis entscheiden.
Was beeinflusst den Faktor?
Der Faktor ist keine willkürliche Zahl, sondern das Ergebnis der Bewertung verschiedener Parameter, die das Prozessrisiko für den Arbeitgeber bestimmen.
Kündigungswirksamkeit und Prozessrisiko
Das wichtigste Element für den Faktor ist das Prozessrisiko, das der Arbeitgeber bei einer Kündigungsschutzklage tragen würde.
Hohes Prozessrisiko für Arbeitgeber = Hoher Faktor
Fehler im Kündigungsschreiben (Form, Frist, Zugang)
Zweifelhafte Kündigungsgründe bei betriebsbedingter Kündigung
Fehler in der Sozialauswahl
Schwache Beweislage bei verhaltensbedingter Kündigung
Besonderer Kündigungsschutz (Schwerbehinderte, Betriebsrat, Schwangere)
Nichtbeachtung von Kündigungsfristen
Fehlende oder fehlerhafte Betriebsratsanhörung
Niedriges Prozessrisiko für Arbeitgeber = Niedriger Faktor
Rechtlich einwandfreie Kündigung
Klare Beweislage für Kündigungsgrund
Kein besonderer Kündigungsschutz
Ordnungsgemäße Form und Frist
Saubere Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung
Betriebszugehörigkeit und Alter
Ältere Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit erzielen typischerweise höhere Faktoren, weil Gerichte soziale Härten berücksichtigen, die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt schwieriger ist und § 10 KSchG bei gerichtlichen Entscheidungen höhere Abfindungen bis zu 18 Monatsgehältern für ältere Arbeitnehmer vorsieht.
Alter unter 40 Jahre: Faktor bleibt meist im Standard-Bereich (0,5-0,75)
Alter 40-50 Jahre und 10+ Jahre Betriebszugehörigkeit: Faktor oft bei 0,75-1,0
Alter über 50 Jahre und 15+ Jahre Betriebszugehörigkeit: Faktor oft bei 1,0-1,5
Wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers
Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers hat oft direkten Einfluss auf die durchsetzbare Abfindungshöhe. Ist ein Unternehmen wirtschaftlich gesund und profitabel, lassen sich in Verhandlungen oft höhere Faktoren erzielen, weil der Arbeitgeber zahlungsfähig ist und gerichtliche Auseinandersetzungen für ihn aufgrund von Zeitaufwand und möglichem Annahmeverzug teurer sein können als ein großzügiger Vergleich.
Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber wirtschaftliche Schwierigkeiten hat oder eine drohende Insolvenz im Raum steht. In solchen Konstellationen sind niedrigere Faktoren wahrscheinlich, weil der Spielraum für Abfindungszahlungen faktisch begrenzt ist. Für Arbeitnehmer gibt es oft wenig Raum für Verhandlungen, weil die Bereitschaft zur Zahlung sinkt und der Arbeitgeber das Argument der drohenden Insolvenz nutzen kann, um eine schnelle und eher niedrigere Einigung anzubieten. Auch die Aussicht auf eine tatsächliche Auszahlung verringert sich bei angeschlagenen Firmen erheblich.
Verhandlungsbereitschaft und Kulanz
Manche Arbeitgeber haben ein besonderes Interesse an sozialverträglicher Trennung aufgrund von Reputationsschutz, Vermeidung negativer Öffentlichkeit, Betriebsklima oder dem Verhältnis zum Betriebsrat. In solchen Fällen werden häufig höhere Faktoren akzeptiert.
Faktor-Strategien für verschiedene Situationen
Der richtige Weg für die Verhandlung des Faktors hängt ganz maßgeblich von der Ausgangslage ab. Die aussichtsreichste Strategie zur Optimierung des Abfindungsfaktors beginnt mit einer sorgfältigen Analyse der jeweiligen Situation.
Bei betriebsbedingter Kündigung
Im Kontext betriebsbedingter Kündigungen setzen Arbeitgeber häufig auf den Standardfaktor 0,5, der in § 1a KSchG als Grundlage genannt wird. Wer sich als Arbeitnehmer gezielt auf das Gespräch vorbereitet und Schwächen in der Begründung der Kündigung – etwa formale Fehler, Unstimmigkeiten in der Sozialauswahl oder eine lückenhafte Dokumentation der betrieblichen Gründe – präzise herausarbeitet, verschafft sich wertvolle Argumente. Schon kleinere Mängel können hinreichend sein, um überzeugend einen höheren Faktor zu fordern. Insbesondere langjährige Beschäftigung ist ein anerkanntes Argument für einen sogenannten Alterszuschlag.
Lassen sich im Rahmen der Verhandlung gleich mehrere Schwachstellen darlegen, so eröffnen sich Möglichkeiten, die Abfindungssumme auf ein Vielfaches des ursprünglichen Angebots zu steigern: So kann für einen fünfzigjährigen Arbeitnehmer mit zwanzig Dienstjahren und einem Monatsgehalt von 5.000 Euro die erfolgreiche Verhandlung vom Standardfaktor 0,5 auf einen Faktor von 1,25 eine Erhöhung der Abfindung von 50.000 Euro auf 125.000 Euro bedeuten.
Bei verhaltens- oder personenbedingter Kündigung
Anders gestaltet sich die Ausgangslage, wenn ein Arbeitgeber personen- oder verhaltensbedingte Gründe geltend macht. In diesen Fällen rückt oft die rechtliche Angreifbarkeit der Abmahnung oder des behaupteten Fehlverhaltens in den Mittelpunkt. Wer Nachweislücken oder Fehler bei Abmahnungen aufzeigen kann und konsequent jede Behauptung kritisch infrage stellt, rückt das wirtschaftlich für den Arbeitgeber relevante Prozessrisiko in den Vordergrund – mit dem häufigen Ergebnis, dass auch hier der Abfindungsfaktor optimiert kann.
In der Praxis lässt sich beobachten, dass ein Arbeitnehmer mit relativ langjähriger Beschäftigung – beispielsweise acht Jahren – und einem monatlichen Bruttogehalt von 3.500 Euro bei einer verhaltensbedingten Kündigung zunächst oft, wenn überhaupt, ein Abfindungsangebot nur auf Grundlage eines niedrigen Faktors von 0,25 erhält, was einer Summe von 7.000 Euro entspricht. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber eine stichhaltige, dokumentierte Pflichtverletzung behauptet und das Prozessrisiko einschätzt als eher überschaubar.
Gelingt es dem Arbeitnehmer allerdings die Wirksamkeit der zugrunde liegenden Abmahnung glaubhaft infrage zu stellen oder Lücken in der Beweisführung aufzudecken, kippt mit einem Mal die Verhandlungsdynamik: Plötzlich steht für den Arbeitgeber deutlich mehr auf dem Spiel. Sein Prozessrisiko steigt erheblich und der Arbeitnehmer kann nicht selten einen deutlich höheren Faktor erlangen – beispielsweise - trotz verhaltensbedingter Kündigung einen Faktor von 0,5 oder mehr, was die Abfindung bereits auf 14.000 Euro steigen lässt.
Dieses Beispiel macht anschaulich, wie entscheidend es gerade bei verhaltens- und personenbedingten Kündigungen ist, juristische Schwächen konsequent offenzulegen und das Prozessrisiko gezielt zum Verhandlungsinstrument zu machen.
Bei Aufhebungsvertrag
Wenn dem Arbeitnehmer ein Aufhebungsvertrag angeboten wird, befindet er sich in der komfortablen Lage, über das weitere Vorgehen entscheiden zu können, denn das Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch, sondern nur mit seiner Zustimmung.
Jetzt gilt es, überlegt auf das Angebot zu reagieren. Gerade in dieser Phase empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der Vertragsinhalte und eine bewusste Überlegungsfrist, bevor man in die Verhandlungen einsteigt oder eine Unterschrift leistet. Wichtig ist die eigene günstige Verhandlungsposition zu nutzen und keinesfalls vorschnell zu unterschreiben. Vielmehr empfiehlt es sich, mit einer klaren Strategie in die Gespräche zu gehen.
Deutlich ist, bei allem Druck der möglicherweise aufgebaut wird, daß der Arbeitgeber mit dem Angebot meist das Risiko einer schwierigen oder langwierigen Kündigungsschutzklage vermeiden will. Folgerichtig ist er deshalb in der Regel zu Zugeständnissen bereit, die weit über dem ersten Angebot liegen. In Antizipation dieser Situation ist das Angebot des Arbeitgebers oft nur als erstes Angebot zu verstehen, d.h. die Aufforderung in Verhandlungen einzutreten.
Ein selbstbewusst formulierter Einstieg mit einem Faktor von 1,0 oder 1,5 ist in dieser Situation daher keineswegs überzogen, sondern realistisch, wenn ein Arbeitgeber eine reibungslose Einigung wünscht.
Ebenso wichtig ist für den Arbeitnehmer die Prüfung aller Nebenbedingungen und Folgen – insbesondere kann ein Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld nach sich ziehen, was vor Abschluss unbedingt bedacht werden sollte, weil die Abfindung damit wirtschaftlich empfindlich verkürzt werden kann.
Wie groß der Hebel bei Verhandlungen wirklich ist, zeigt ein Beispiel:
Bei einem monatlichen Bruttogehalt von 6.000 Euro und einer zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit bietet der Arbeitgeber anfangs vielleicht eine Abfindung auf Basis des Faktors 0,5, also 36.000 Euro. Wer vorbereitet in die Gespräche geht, die Prozessrisiken für den Arbeitgeber sachlich benennt und strategisch nachverhandelt, kann den Faktor auf 1,25 oder höher anheben – und so ein Ergebnis von 90.000 Euro erzielen.
Das Plus von 54.000 Euro gegenüber dem Erstangebot unterstreicht, wie entscheidend Souveränität, Kenntnis der eigenen Rechte und professionelle Vorbereitung bei der Gestaltung eines Aufhebungsvertrags sind.
Besondere Konstellationen
Variable Vergütungsbestandteile
Das Bruttomonatsgehalt in der Formel sollte nicht nur das Grundgehalt umfassen, sondern alle regelmäßigen Vergütungsbestandteile, denn diese gehen bei Abschluß des Aufhebungsvertrags in der Zukunft verloren. Dies ist ein in der Praxis oft wichtiger Punkt, weil gern nur das Grundgehalt angesetzt wird.
Einzubeziehen sind vielmehr:
Grundgehalt
Regelmäßige Überstundenvergütung
Provisionen (Durchschnitt der letzten 12 Monate)
Regelmäßige Boni und Prämien
Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld (anteilig pro Monat)
Firmenwagen (geldwerter Vorteil)
Zulagen
Beispiel:
Liegt das Grundgehalt bei 4.000 Euro, kommt eine durchschnittliche Provision von 1.000 Euro hinzu und wird ein Firmenwagen mit einem geldwerten Vorteil von 500 Euro gestellt, ergibt sich ein relevantes Bruttomonatsgehalt von 5.500 Euro. Bei einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren und einem Verhandlungsfaktor von 0,75 führt dies zu einer Abfindung von 41.250 Euro – erheblich mehr als die 30.000 Euro, die sich allein aus dem Grundgehalt ergeben würden.
Dieses Beispiel zeigt, wie entscheidend es ist, alle Gehaltsbestandteile umfassend zu berücksichtigen, um die Berechnungsgrundlage realistisch abzubilden und eine angemessene Abfindung zu erzielen.
Teilzeitbeschäftigung
Bei der Berechnung der Abfindung für Teilzeitbeschäftigte wird immer das tatsächlich gezahlte, reduzierte Bruttomonatsgehalt zugrunde gelegt, nicht etwa ein fiktives Vollzeitgehalt. Wenn jemand also in Teilzeit mit 2.000 Euro brutto arbeitet, ist dieser Wert Basis der Abfindungsformel, unabhängig davon, wie hoch das Gehalt in einer früheren Vollzeitphase war.
Im praktischen Beispiel erhält ein Arbeitnehmer mit 50 Prozent Teilzeit (2.000 Euro Bruttogehalt) und 15 Jahren Betriebszugehörigkeit bei einem Faktor von 0,75 eine Abfindung in Höhe von 22.500 Euro. Die Rechnung lautet: 2.000 × 15 × 0,75. Wäre derselbe Arbeitnehmer zuletzt in Vollzeit beschäftigt gewesen, würde ein deutlich höheres Gehalt in die Berechnung eingehen – das ist jedoch bei Umstieg in Teilzeit nach längerer Betriebszugehörigkeit nicht der Fall.
Entscheidend für die Abfindung ist also das zuletzt gezahlte Teilzeitgehalt, wodurch bei längerer Teilzeitphase die Abfindung entsprechend geringer ausfällt, auch wenn zuvor viele Jahre Vollzeit gearbeitet wurden.
Anteilige Beschäftigungsjahre
Für die Berechnung der Abfindung wird jeder Zeitraum der Betriebszugehörigkeit, der sechs Monate oder länger dauert, auf ein volles Jahr aufgerundet. Hat ein Arbeitnehmer beispielsweise acht Jahre und sieben Monate im Unternehmen gearbeitet, zählen für die Abfindungsformel neun volle Jahre. Liegt die Betriebszugehörigkeit dagegen nur bei acht Jahren und vier Monaten, bleibt es bei acht Jahren.
Mehrere Arbeitsverhältnisse nacheinander
Wenn ein Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber mehrere Beschäftigungszeiten absolviert hat, werden diese grundsätzlich zu einem einheitlichen Zeitraum der Betriebszugehörigkeit zusammengefasst, sofern keine längere Unterbrechung dazwischen liegt. So wird der Zusammenhalt des Arbeitsverhältnisses bei der Abfindungsberechnung berücksichtigt, auch wenn das Beschäftigungsverhältnis zwischenzeitlich pausiert wurde oder unterbrochen war – solange die Unterbrechungen nicht wesentlich sind, wird also die gesamte Zeit angerechnet.
Taktiken zur Erhöhung des Faktors
Vorbereitung der Verhandlung
Schritt 1: Rechtliche Prüfung durch Anwalt
Lassen Sie die Kündigung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen. Nur so kennen Sie das Prozessrisiko des Arbeitgebers und damit Ihre Verhandlungsmacht.
Schritt 2: Dokumentation sammeln
Kündigungsschreiben
Arbeitsvertrag
Gehaltsnachweise der letzten 12 Monate
Abmahnungen (falls vorhanden)
Arbeitszeugnisse und Leistungsbeurteilungen
Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge
Schritt 3: Prozessrisiko kalkulieren
Listen Sie alle Schwachstellen der Kündigung auf.Jeder Punkt erhöht den Faktor:
Formfehler
Fristverstöße
Zweifelhafte Kündigungsgründe
Fehler in der Sozialauswahl
Fehlende Anhörung des Betriebsrats
Die Verhandlung
Niemals das erste Angebot annehmen
Direkt nach einer Kündigung oder dem Angebot eines Aufhebungsvertrags unterbreiten Arbeitgeber in der Regel ein erstes Abfindungsangebot – bewusst niedrig angesetzt und als Verhandlungsbasis gedacht. Sie rechnen fest damit, dass noch nachgebessert werden muss, weil sie die Risiken einer gerichtlichen Auseinandersetzung oder eines teuren Prozesses einkalkulieren.
Es lohnt sich daher nicht, das erste Angebot vorzeitig zu akzeptieren. Wer stattdessen strategisch agiert und die eigenen Argumente sorgfältig darlegt, öffnet Raum für substanzielle Nachverhandlungen und verbessert die Chance auf ein deutlich höheres Ergebnis.
Realistische Gegenposition beziehen
Eine überzeugende Verhandlungsstrategie lebt davon, eine schlüssig begründete Forderung zu stellen. Es ist selten erfolgreich, einfach das Dreifache der Erstofferte zu verlangen – entscheidend ist vielmehr, die eigenen Vorstellungen an den tatsächlichen Fall, die Länge der Betriebszugehörigkeit und die Schwachstellen in der Kündigungsbegründung anzupassen.
Wer seine Forderung klar und nachvollziehbar herleiten kann, wird ernst genommen und erhöht die Bereitschaft des Arbeitgebers zu deutlichen Zugeständnissen. Die beste Position ergibt sich, wenn Sie sämtliche Umstände und Risiken des Verfahrens ins Feld führen und damit Ihren Anspruch argumentativ untermauern.
Prozessrisiko konkret benennen
Präsentieren Sie dem Arbeitgeber präzise, welche rechtlichen Schwachstellen Sie in der Kündigung sehen: Gibt es Formfehler, fehlt eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, ist die Sozialauswahl mangelhaft oder lassen sich abmahnende Vorwürfe nicht beweisen?
Verdeutlichen Sie, dass Sie die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage nicht nur kennen, sondern auch quantifizieren können. Wer diese Punkte klar herausarbeitet und argumentativ den finanziellen und reputationsbezogenen Aufwand eines langwierigen Prozesses ins Zentrum der Verhandlung rückt, schafft ein ernstzunehmendes Druckmittel. Die Bereitschaft des Arbeitgebers zu Zugeständnissen steigt, sobald das konkrete Prozessrisiko transparent und nachvollziehbar benannt wird.
Zeitdruck nutzen
Arbeitgeber haben Interesse an schneller Einigung. Sie stehen unter Zeitdruck. Die Einreichung der Kündigungsschutzklage löst einen zügig terminierten Gütetermin aus, bei dem beide Seiten im Gericht zum ersten Mal aufeinandertreffen und das Gericht auf einen schnellen Vergleich drängt.
Viele Arbeitgeber spüren spätestens ab diesem Moment einen erhöhten Druck, da sich nun die Möglichkeit eines langwierigen Prozesses und weiterer Kosten konkretisiert. Der Gütetermin findet üblicherweise innerhalb von zwei bis vier Wochen nach Klageerhebung statt und ist die Phase, in der die intensivsten und erfolgreichsten Verhandlungen um die Abfindung stattfinden. Kommt es im Gütetermin nicht sofort zum Vergleich, kann der weitere Weg durch die Hauptverhandlung und – falls eine Partei in Berufung geht – sogar durch mehrere Instanzen führen, was den Rechtsstreit in die Länge zieht und für den Arbeitgeber Kosten, Unsicherheit und Reputationsrisiko deutlich steigert.
Diese Umstände erhöht in der Praxis die Bereitschaft vieler Arbeitgeber, im frühen Stadium einen attraktiven Vergleich zu akzeptieren.
Professionelle Vertretung
Mandantinnen und Mandanten, die sich für professionelle anwaltliche Vertretung entscheiden, profitieren nachweislich von besseren Ergebnissen in Kündigungsfällen – praktische Erfahrungen zeigen, dass Arbeitnehmer mit Anwalt durchschnittlich 60 bis 80 Prozent höhere Abfindungen erzielen als ohne juristische Unterstützung.
Ein weiterer Vorteil: Die mit der Vertretung verbundenen Kosten lassen sich steuerlich als Werbungskosten voll absetzen, da sie der Einkommenssicherung dienen und unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in der Steuererklärung anerkannt werden.
Sechs häufige Fehler bei der Abfindung
Fehler 1: Sofort unterschreiben
Niemals einen Aufhebungsvertrag sofort unterschreiben. Nehmen Sie sich Bedenkzeit.
Fehler 2: Nur Grundgehalt einrechnen
Vergessen Sie nicht Provisionen, Boni, Firmenwagen und andere regelmäßige Vergütungsbestandteile. Das kann mehrere tausend Euro Unterschied machen.
Fehler 3: Erstes Angebot akzeptieren
Arbeitgeber kalkulieren mit Nachverhandlung. Das erste Angebot ist fast immer verhandelbar.
Fehler 4: Emotionale Verhandlung
Bleiben Sie sachlich und argumentieren Sie mit Fakten, nicht mit persönlichen Härten.
Fehler 5: Keine rechtliche Prüfung
Ohne Prüfung der Kündigung kennen Sie Ihre Verhandlungsmacht nicht. Das ist wie Pokern ohne Ihre Karten zu kennen.
Fehler 6: Steuerliche Aspekte ignorieren
Eine höhere Abfindung bedeutet auch höhere Steuerlast. Planen Sie die Fünftelregelung und den optimalen Auszahlungszeitpunkt strategisch.
Checkliste: Abfindung erfolgreich verhandeln
Vor der Verhandlung
Kündigung von Fachanwalt prüfen lassen
Alle Gehaltsbestandteile dokumentieren (12 Monate)
Beschäftigungsdauer berechnen (Monate aufrunden ab 6 Monaten)
Schwachstellen der Kündigung identifizieren
Prozessrisiko des Arbeitgebers einschätzen
Realistischen Zielfaktor festlegen
Während der Verhandlung
Erstes Angebot nie sofort annehmen
Konkrete rechtliche Probleme der Kündigung benennen
Variable Vergütungsbestandteile in Berechnung einfordern
Höheren Faktor mit Prozessrisiko begründen
Kündigungsschutzklage offenhalten - Frist notieren
Nach der Einigung
Vereinbarung schriftlich festhalten
Alle Regelungen prüfen (Freistellung, Zeugnis, Urlaubsabgeltung getrennt)
Auszahlungszeitpunkt steueroptimal wählen
Fünftelregelung in Steuererklärung beantragen
Anwaltskosten als Werbungskosten geltend machen
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Wir verhandeln für Sie die Höhe Ihrer Abfindung und sorgen dafür, dass Sie den optimalen Faktor erzielen. Unsere Anwälte kennen die Schwachstellen von Kündigungen und setzen diese als Verhandlungshebel ein.
Unsere Mandanten profitieren von strategischer Verhandlungsführung, juristischer Argumentation auf Augenhöhe mit Arbeitgebern. Als Rechtsanwalt und Fachanwältin für Arbeitsrecht haben wir in über 25 Jahren mehr als 1.500 Mandate bearbeitet und sehr viele Abfindungen erfolgreich verhandelt. Profitieren Sie von unserer Erfahrung!
Dieser Artikel wurde von Dr. Thorn Rechtsanwälte mbB erstellt. Stand: 2025.
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FAQ - Abfindung berechnen
Wie wird die Abfindungshöhe berechnet?
Die Abfindung wird oft nach der Faustformel „0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr“ berechnet. Dies ist jedoch keine gesetzliche Vorgabe, sondern eine Verhandlungsbasis. In Einzelfällen kann eine Abfindung auch höher oder niedriger ausfallen.
Welche Faktoren beeinflussen die Abfindungshöhe?
Die Höhe der Abfindung hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Betriebszugehörigkeit, das Gehalt, die Erfolgsaussichten einer Klage und mögliche Vereinbarungen im Arbeitsvertrag oder Sozialplan. Auch Verhandlungsgeschick kann eine entscheidende Rolle spielen.
Gibt es eine gesetzliche Obergrenze für Abfindungen?
Es gibt keine generelle Obergrenze für Abfindungen. In gerichtlichen Verfahren kann die Abfindung jedoch auf bis zu 12 Monatsgehälter begrenzt sein (§ 10 KSchG). Bei älteren Arbeitnehmern mit langer Betriebszugehörigkeit kann diese Grenze sogar auf bis zu 18 Monatsgehälter steigen.
Wie wirkt sich ein höheres Lebensalter auf die Abfindung aus?
Ein höheres Lebensalter kann sich positiv auf die Abfindungshöhe auswirken, insbesondere wenn der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt schlechter vermittelbar ist. Sozialpläne enthalten oft Regelungen, die ältere Arbeitnehmer besonders berücksichtigen. Auch Gerichte neigen dazu, höhere Abfindungen für ältere Arbeitnehmer zuzusprechen.
Kann die Abfindung individuell verhandelt werden?
Ja, Abfindungen sind grundsätzlich Verhandlungssache. Arbeitnehmer können durch eine gute Verhandlungsstrategie oder mit Unterstützung eines Anwalts oft eine höhere Abfindung erzielen. Besonders im Rahmen von Kündigungsschutzklagen sind Arbeitgeber häufig zu Verhandlungen bereit.
Dieser Beitrag ersetzt keine Rechtsberatung - Bitte konsultieren Sie einen Anwalt
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