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Der mündliche Arbeitsvertrag ist eine gültige Form des Vertragsabschlusses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Obwohl er rechtlich bindend ist, birgt er Risiken für beide Parteien aufgrund potenzieller Beweisschwierigkeiten. Das Nachweisgesetz (NachwG) verpflichtet Arbeitgeber, wesentliche Vertragsbedingungen schriftlich zu dokumentieren, auch bei mündlichen Vereinbarungen. Die Reform des NachwG zum 1. August 2022 hat die Informationspflichten erweitert und Fristen verschärft.
Formfreiheit im Arbeitsrecht
Im Arbeitsrecht gilt grundsätzlich der Grundsatz der Formfreiheit. Dies bedeutet, dass Arbeitsverträge nicht zwingend schriftlich abgeschlossen werden müssen, um rechtswirksam zu sein. Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist demnach ebenso gültig wie ein schriftlicher.
Die rechtliche Basis hierfür findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). § 611a Abs. 1 BGB definiert:
"Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann."
Diese Definition enthält keine Formvorschrift, wodurch die Möglichkeit des mündlichen Vertragsabschlusses implizit bestätigt wird.
Die Praxis des mündlichen Vertragsabschlusses hat ihre Wurzeln in der vorindustriellen Zeit, als schriftliche Vereinbarungen wenig üblich waren. Mit der Industrialisierung und der Entwicklung des modernen Arbeitsrechts im 19. und 20. Jahrhundert gewannen schriftliche Verträge zunehmend an Bedeutung.
Vorteile
Flexibilität: Mündliche Verträge können schnell und unkompliziert geschlossen werden.
Geringerer bürokratischer Aufwand: Es entfällt die Notwendigkeit, umfangreiche Vertragsdokumente zu erstellen.
Nachteile
Beweisschwierigkeiten: Im Streitfall kann es schwierig sein, die genauen Vereinbarungen nachzuweisen.
Rechtsunsicherheit: Unklarheiten über vereinbarte Konditionen können zu Konflikten führen.
Unvollständigkeit: Wichtige Aspekte des Arbeitsverhältnisses könnten vergessen oder nicht ausreichend besprochen werden.
Nachweisgesetz
Obwohl mündliche Arbeitsverträge gültig sind, verpflichtet das Nachweisgesetz (NachwG) Arbeitgeber dazu, wesentliche Vertragsbedingungen schriftlich zu dokumentieren. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob der Arbeitsvertrag mündlich oder schriftlich geschlossen wurde. § 2 Abs. 1 NachwG legt fest:
"Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen."
Das Nachweisgesetz wurde 1995 eingeführt, um die EU-Richtlinie 91/533/EWG umzusetzen. Ziel war es, Arbeitnehmern mehr Transparenz und Rechtssicherheit zu bieten, auch wenn der Arbeitsvertrag nur mündlich geschlossen wurde. Eine bedeutende Änderung erfolgte mit der Reform des Nachweisgesetzes zum 1. August 2022. Diese Reform, die auf der EU-Richtlinie 2019/1152 basiert, erweiterte die Informationspflichten der Arbeitgeber und verschärfte die Fristen für die Aushändigung der Nachweise.
Wesentliche Vertragsbedingungen
Auch bei mündlichen Arbeitsverträgen sollten folgende Punkte vereinbart und vom Arbeitgeber gemäß NachwG schriftlich dokumentiert werden:
Namen und Anschriften der Vertragsparteien
Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
Bei befristeten Arbeitsverhältnissen: vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses
Arbeitsort oder Hinweis auf wechselnde Arbeitsorte
Kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit
Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts
Vereinbarte Arbeitszeit
Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
Kündigungsfristen des Arbeitsverhältnisses
Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.
Beispiele
Aushilfsjob in der Gastronomie
Ein Restaurantbesitzer stellt kurzfristig eine Aushilfe für den Servicebereich ein. Die Vereinbarung erfolgt mündlich, wobei Arbeitszeiten, Stundenlohn und Aufgaben besprochen werden. Obwohl der Vertrag gültig ist, muss der Arbeitgeber die wesentlichen Bedingungen gemäß NachwG schriftlich festhalten.
Probearbeit mit anschließender Festanstellung
Ein Handwerksbetrieb lässt einen potenziellen Mitarbeiter für einen Tag zur Probe arbeiten. Nach erfolgreicher Probearbeit wird mündlich eine Festanstellung vereinbart. Auch hier entsteht ein gültiger Arbeitsvertrag, der jedoch durch schriftliche Nachweise ergänzt werden muss.
Beweislast im Konfliktfall
Bei Streitigkeiten über den Inhalt mündlicher Vereinbarungen trägt grundsätzlich derjenige die Beweislast, der sich auf eine bestimmte Vereinbarung beruft. Dies kann für beide Parteien problematisch sein. Die vom Arbeitgeber gemäß NachwG erstellten schriftlichen Nachweise können im Streitfall als Beweismittel dienen. Sie haben jedoch keine konstitutive Wirkung, d.h., sie begründen den Arbeitsvertrag nicht, sondern dokumentieren ihn lediglich.
Kündigung mündlicher Arbeitsverträge
Obwohl der Arbeitsvertrag mündlich geschlossen werden kann, unterliegt die Kündigung strengen Formvorschriften. § 623 BGB legt fest:
"Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen."Eine mündliche Kündigung ist demnach unwirksam, unabhängig davon, ob der Arbeitsvertrag mündlich oder schriftlich geschlossen wurde."
Kündigungsfristen und -schutz
Auch bei mündlichen Arbeitsverträgen gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen und Schutzvorschriften, wie sie im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) festgelegt sind.
Schriftformerfordernis für Befristungen
Während unbefristete Arbeitsverträge mündlich geschlossen werden können, gilt für befristete Arbeitsverhältnisse eine Ausnahme. § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) legt fest:"Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform."Ein mündlich vereinbarter befristeter Arbeitsvertrag gilt demnach als unbefristeter Vertrag.
Empfehlungen für Arbeitnehmer
Bestehen Sie auf schriftlichen Nachweisen gemäß NachwG.
Dokumentieren Sie selbst wichtige mündliche Absprachen.
Klären Sie unklare Punkte zeitnah mit dem Arbeitgeber.
Empfehlungen für Arbeitgeber
Nutzen Sie schriftliche Arbeitsverträge, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Halten Sie die Fristen und Inhaltsanforderungen des NachwG strikt ein.
Implementieren Sie Prozesse zur systematischen Dokumentation von Arbeitsvereinbarungen.
DR. THORN Rechtsanwälte
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FAQ - Mündlicher Arbeitsvertrag
Ist ein mündlicher Arbeitsvertrag gültig?
Ja, ein mündlicher Arbeitsvertrag ist grundsätzlich gültig und bindend, sofern keine gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist.
Welche Risiken bestehen bei einem mündlichen Arbeitsvertrag?
Risiken bestehen insbesondere in Beweisschwierigkeiten bei Streitigkeiten über Vergütung, Arbeitszeiten oder sonstige Vertragsinhalte.
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber bei einem mündlichen Arbeitsvertrag?
Der Arbeitgeber muss die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festhalten und dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses übergeben.
Kann ein befristeter Arbeitsvertrag mündlich abgeschlossen werden?
Nein, ein befristeter Arbeitsvertrag ist nur wirksam, wenn er schriftlich abgeschlossen wurde. Fehlt die Schriftform, gilt der Vertrag als unbefristet.
Wie kann man Beweisschwierigkeiten bei mündlichen Arbeitsverträgen vermeiden?
Um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer wichtige Vereinbarungen schriftlich bestätigen lassen oder Zeugen beim Vertragsabschluss hinzuziehen.
Dieser Beitrag ersetzt keine Rechtsberatung - Bitte konsultieren Sie einen Anwalt
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