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Der Kleinbetrieb im Arbeitsrecht

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Kleinbetrieb

Der Begriff "Kleinbetrieb" ist im Arbeitsrecht insbesondere im Kontext des Kündigungsschutzes von Bedeutung. Kleinbetriebe sind Unternehmen, die aufgrund ihrer geringen Mitarbeiterzahl von bestimmten arbeitsrechtlichen Vorschriften ausgenommen sind. Diese Sonderstellung soll die besonderen Bedürfnisse und Herausforderungen kleiner Unternehmen berücksichtigen. Die zentrale Rechtsgrundlage findet sich in § 23 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), der die Anwendbarkeit des Gesetzes von der Betriebsgröße abhängig macht.


Die Kleinbetriebsklausel hat Auswirkungen auf den Kündigungsschutz der Arbeitnehmer und die Flexibilität der Arbeitgeber bei Personalentscheidungen. Trotz der Ausnahmen vom allgemeinen Kündigungsschutz genießen Arbeitnehmer in Kleinbetrieben grundlegende arbeitsrechtliche Schutzrechte.

Definition und Grundlage

Ein Kleinbetrieb im Sinne des Arbeitsrechts ist gemäß § 23 Abs. 1 KSchG ein Betrieb, in dem in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden. Der genaue Wortlaut des Gesetzes lautet:


"Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschifffahrt, des § 25 für die Luftfahrt und des § 26 für Tendenzbetriebe und die im Zusammenhang mit den Religionsgemeinschaften stehenden Einrichtungen. Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden."


Die Kleinbetriebsklausel wurde 1996 eingeführt und sah ursprünglich eine Grenze von fünf Arbeitnehmern vor. Im Jahr 2004 wurde diese Grenze auf zehn Arbeitnehmer angehoben, um die Flexibilität kleiner Unternehmen zu erhöhen.


Berechnung der Mitarbeiterzahl

Bei der Ermittlung der Betriebsgröße werden grundsätzlich alle Arbeitnehmer berücksichtigt, unabhängig von ihrer Arbeitszeit. Allerdings gibt es einige Besonderheiten:


  • Teilzeitbeschäftigte mit bis zu 20 Wochenstunden werden mit 0,5 und solche mit bis zu 30 Wochenstunden mit 0,75 gezählt.

  • Auszubildende werden nicht mitgezählt.

  • Vorübergehend abwesende Arbeitnehmer (z.B. in Elternzeit) werden mitgezählt.


Stichtagsregelung und Regelmäßigkeit

Für die Beurteilung, ob ein Kleinbetrieb vorliegt, ist nicht der Zeitpunkt der Kündigung maßgeblich, sondern die regelmäßige Beschäftigtenzahl. Kurzfristige Schwankungen bleiben unberücksichtigt.


Kündigungsschutz - KSchG

In Kleinbetrieben finden die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung. Dies bedeutet, dass Arbeitgeber in diesen Betrieben Kündigungen aussprechen können, ohne eine soziale Rechtfertigung im Sinne des § 1 KSchG nachweisen zu müssen.


Verbleibender Schutz für Arbeitnehmer

Trotz Nichtanwendbarkeit des KSchG sind Arbeitnehmer in Kleinbetrieben nicht völlig schutzlos. Es gelten weiterhin:


  • Allgemeine zivilrechtliche Schutzvorschriften (§§ 138, 242 BGB)

  • Besondere Kündigungsschutzvorschriften (z.B. für Schwangere, Schwerbehinderte)

  • Diskriminierungsverbot nach dem AGG

  • Kündigungsfristen nach § 622 BGB


Besonderheiten - Übergangsregelung

Für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 31.12.2003 in einem Betrieb beschäftigt waren, gilt weiterhin die alte Schwelle von mehr als fünf Arbeitnehmern. Diese Regelung soll den Vertrauensschutz für langjährige Mitarbeiter gewährleisten.


Abgrenzung Betrieb und Unternehmen

Ein Betrieb im arbeitsrechtlichen Sinne ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt. Ein Unternehmen kann mehrere Betriebe umfassen.


Bedeutung für die Kleinbetriebsklausel

Die Kleinbetriebsklausel bezieht sich auf den einzelnen Betrieb, nicht auf das gesamte Unternehmen. Dies kann dazu führen, dass Arbeitnehmer in kleinen Filialen eines großen Unternehmens keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen.


Verfassungsrechtliche Aspekte

Das Bundesverfassungsgericht hat die Kleinbetriebsklausel als verfassungskonform bestätigt. Die Begründung lautet:"Die Herausnahme der Arbeitnehmer eines Kleinbetriebs aus dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes trägt gewichtigen, durch das Grundgesetz der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 1 GG) geschützten Belangen des Kleinunternehmers Rechnung, dessen Kündigungsrecht in hohem Maße schutzwürdig ist.".


Wirtschaftliche und praktische Erwägungen

Die Sonderstellung von Kleinbetrieben wird mit folgenden Argumenten gerechtfertigt:


  • Größere Abhängigkeit vom einzelnen Arbeitnehmer

  • Geringere finanzielle Ressourcen

  • Höhere Belastung durch Verwaltungsaufwand bei Kündigungsschutzprozessen


Auswirkungen auf andere Bereiche

Das Betriebsverfassungsgesetz findet in Betrieben mit weniger als fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern keine Anwendung (§ 1 BetrVG). In Kleinbetrieben mit bis zu 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern gilt ein vereinfachtes Wahlverfahren für den Betriebsrat.


Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

Auch in Kleinbetrieben gelten die grundlegenden Vorschriften zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit. Allerdings gibt es Erleichterungen bei der Dokumentation und Organisation.


Praktische Beispiele


Kündigung in einem Kleinbetrieb

Ein Friseursalon mit acht Angestellten möchte einer Mitarbeiterin kündigen. Da es sich um einen Kleinbetrieb handelt, muss der Arbeitgeber keine soziale Rechtfertigung nach dem KSchG nachweisen. Er muss jedoch die Kündigungsfrist einhalten und darf nicht gegen das AGG oder andere Schutzvorschriften verstoßen.


Betriebsübergang

Ein Kleinbetrieb mit neun Mitarbeitern wird von einem größeren Unternehmen übernommen. Solange die Betriebsidentität erhalten bleibt und keine Zusammenlegung mit anderen Betriebsteilen erfolgt, bleibt der Kleinbetriebsstatus bestehen.


Empfehlungen für Arbeitgeber

  • Sorgfältige Dokumentation der Mitarbeiterzahl und Arbeitszeiten

  • Beachtung der Übergangsregelung für Altarbeitnehmer

  • Berücksichtigung allgemeiner Schutzvorschriften trotz Nichtanwendbarkeit des KSchG


Handlungsoptionen für Arbeitnehmer

  • Prüfung der tatsächlichen Betriebsgröße und des Einstellungsdatums

  • Beachtung möglicher Diskriminierungen oder sittenwidriger Kündigungen

  • Verhandlung über freiwillige Abfindungen bei Kündigungen



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Dr. Michael Thorn  Rechtsanwalt
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Beatrice v. Wallenberg  Rechtsanwältin und  Fachanwältin für Arbeitsrecht
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FAQ - Kleinbetrieb

Gilt das Kündigungsschutzgesetz?

Nein, das Kündigungsschutzgesetz gilt nur für Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern. Dennoch sind willkürliche oder diskriminierende Kündigungen unzulässig. Kündigungen müssen schriftlich erfolgen.

Welche Kündigungsfristen gelten?

Auch im Kleinbetrieb gelten grundsätzlich die gesetzlichen Kündigungsfristen, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richten. Die gesetzliche Kündigungsfrist für Arbeitnehmer beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Bei Kündigungen in der Probezeit beträgt die Frist nur 2 Wochen.

Kann ein Kleinbetrieb einfacher kündigen?

Ja, da das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, können Arbeitgeber grundsätzlich leichter kündigen. Eine schriftliche Kündigung ist jedoch erforderlich, und Diskriminierung oder Willkür sind unzulässig.

Welche Arbeitszeiten gelten in Kleinbetrieben?

Auch für Kleinbetriebe gilt das Arbeitszeitgesetz: Maximal 48 Stunden pro Woche, höchstens 10 Stunden pro Tag, mit Ausgleich über einen Zeitraum von 6 Monaten. Ruhezeiten und Pausenregelungen sind ebenfalls verbindlich.

Gibt es Anspruch auf Mindestlohn?

Ja, der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmer, auch in Kleinbetrieben.

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