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Die fristlose Kündigung im Arbeitsrecht

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Fristlose Kündigung Arbeitsrecht

Die fristlose Kündigung, auch außerordentliche Kündigung genannt, ist ein schwerwiegendes Instrument im deutschen Arbeitsrecht zur sofortigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der üblichen Kündigungsfristen. Gesetzlich verankert ist sie in § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).


Eine fristlose Kündigung kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Sie erfordert einen wichtigen Grund, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung, bei der Kündigungsfristen eingehalten werden müssen, wirkt die fristlose Kündigung unmittelbar. Sie stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Einhaltung von Kündigungsfristen dar und unterliegt daher strengen rechtlichen Voraussetzungen.

Rechtliche Grundlagen

Die Rechtsgrundlage für die fristlose Kündigung findet sich in § 626 BGB. Diese Vorschrift legt fest:


"(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen."


Historische Entwicklung

Die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung hat eine lange Tradition. Bereits im Allgemeinen Preußischen Landrecht von 1794 gab es Bestimmungen, die eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigen Gründen erlaubten. Mit der Einführung des BGB im Jahr 1900 wurde die fristlose Kündigung in § 626 BGB kodifiziert und hat seitdem zahlreiche Konkretisierungen durch die Rechtsprechung erfahren.


Voraussetzungen

Für die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:


  1. Vorliegen eines wichtigen Grundes

  2. Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

  3. Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist

  4. Verhältnismäßigkeit der Kündigung


Wichtiger Grund

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Das Bundesarbeitsgericht hat in zahlreichen Entscheidungen Fallgruppen entwickelt, die als wichtige Gründe anerkannt sind.


Beispiele für wichtige Gründe auf Arbeitgeberseite:

  • Diebstahl oder Unterschlagung

  • Arbeitsverweigerung

  • Beleidigung oder tätlicher Angriff auf den Arbeitgeber oder Kollegen

  • Vertrauensbruch (z.B. Geheimnisverrat)


Beispiele für wichtige Gründe auf Arbeitnehmerseite:

  • Nichtzahlung des Gehalts

  • Sexuelle Belästigung durch den Arbeitgeber

  • Gefährdung der Gesundheit durch unzumutbare Arbeitsbedingungen


Unzumutbarkeit der Fortsetzung

Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist muss für den Kündigenden unzumutbar sein. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung, bei der alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.


Zwei-Wochen-Frist

Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen ausgesprochen werden (§ 626 Abs. 2 BGB). Diese Frist beginnt, sobald der Kündigungsberechtigte von den relevanten Tatsachen Kenntnis erlangt hat und eine Bewertung des Sachverhalts vornehmen konnte.


Verhältnismäßigkeit

Die fristlose Kündigung muss verhältnismäßig sein. Das bedeutet, sie darf nur als letztes Mittel (Ultima Ratio) eingesetzt werden, wenn keine milderen Maßnahmen wie Abmahnung oder ordentliche Kündigung in Betracht kommen.


Abmahnung vor fristloser Kündigung

In vielen Fällen ist vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Dies gilt insbesondere bei Vertragspflichtverletzungen, die der Arbeitnehmer abstellen kann. Die Abmahnung hat eine Warn- und Rügefunktion und gibt dem Arbeitnehmer die Chance, sein Verhalten zu korrigieren. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen eine Abmahnung entbehrlich ist:


  • Bei besonders schweren Pflichtverletzungen

  • Wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sein Verhalten zu ändern

  • Bei Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers


Formelle Anforderungen

Die fristlose Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Eine mündliche oder per E-Mail ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Der Kündigungsgrund muss im Kündigungsschreiben nicht angegeben werden, ist aber auf Verlangen des Gekündigten unverzüglich schriftlich mitzuteilen (§ 626 Abs. 2 Satz 3 BGB).


Besonderheiten

Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gelten besondere Schutzvorschriften, die auch bei einer fristlosen Kündigung zu beachten sind:


Schwangere und Mütter

Schwangere und Mütter bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung genießen einen besonderen Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz. Eine fristlose Kündigung ist nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde zulässig (§ 17 MuSchG).

Schwerbehinderte Menschen

Bei schwerbehinderten Menschen ist vor einer fristlosen Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen (§ 168 SGB IX).

Betriebsratsmitglieder

Für Betriebsratsmitglieder gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Eine fristlose Kündigung ist nur bei grober Pflichtverletzung und mit Zustimmung des Betriebsrats oder des Arbeitsgerichts möglich (§ 15 KSchG).


Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Bei einer wirksamen fristlosen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis sofort. Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen, und der Arbeitgeber ist von der Vergütungspflicht befreit.


Schadensersatzansprüche

Derjenige, der durch sein vertragswidriges Verhalten die fristlose Kündigung verursacht hat, kann zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dies kann beispielsweise den Verdienstausfall bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist umfassen.


Arbeitslosengeld

Bei einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber kann für den Arbeitnehmer eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld eintreten, wenn er die Kündigung verschuldet hat (§ 159 SGB III).


Kündigungsschutzklage

Der Arbeitnehmer kann innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben (§ 4 KSchG). Dabei wird geprüft, ob die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung vorlagen.


Weiterbeschäftigungsanspruch

Während des Kündigungsschutzprozesses kann der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung haben.


Praxisbeispiele


Diebstahl am Arbeitsplatz

Ein Lagerarbeiter wird dabei erwischt, wie er wiederholt Waren aus dem Lager entwendet. Der Arbeitgeber spricht daraufhin eine fristlose Kündigung aus. In diesem Fall liegt ein wichtiger Grund vor, da der Diebstahl einen schweren Vertrauensbruch darstellt. Eine Abmahnung ist hier in der Regel entbehrlich.


Beleidigung des Vorgesetzten

Ein Angestellter beleidigt in einem Streit seinen Vorgesetzten grob. Der Arbeitgeber kündigt daraufhin fristlos. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. War es ein einmaliger Vorfall in einer emotional aufgeladenen Situation, könnte eine Abmahnung ausreichend sein. Bei besonders schweren Beleidigungen oder wiederholtem Fehlverhalten kann jedoch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.


Nichtzahlung des Gehalts

Ein Arbeitgeber zahlt wiederholt das Gehalt nicht oder nur teilweise aus. Nach erfolgloser Mahnung kündigt der Arbeitnehmer fristlos. In diesem Fall ist die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer in der Regel gerechtfertigt, da die Lohnzahlung die Hauptpflicht des Arbeitgebers darstellt.



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FAQ - Fristlose Kündigung

Wann ist eine fristlose Kündigung möglich?

Eine fristlose Kündigung ist bei Vorliegen eines "wichtigen Grundes" gemäß § 626 BGB möglich. Dies umfasst schwerwiegende Pflichtverletzungen wie Diebstahl, Betrug, Gewalt, Mobbing oder beharrliche Arbeitsverweigerung. Entscheidend ist, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar ist.

Muss eine Abmahnung vor der fristlosen Kündigung erfolgen?

In der Regel ist eine vorherige Abmahnung erforderlich. Ausnahmen gelten bei besonders schweren Verstößen, wenn eine Abmahnung keinen Erfolg verspricht oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses von vornherein ausgeschlossen erscheint.

Wie kann man sich gegen eine fristlose Kündigung wehren?

Der einzige Weg ist die Einreichung einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Die Klagefrist beträgt drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung. Gründe für eine erfolgreiche Klage können formale Fehler, fehlende oder unzureichende Kündigungsgründe oder das Fehlen einer erforderlichen Abmahnung sein.

Folgen für das Arbeitslosengeld?

Eine fristlose Kündigung führt in der Regel zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Kündigung unberechtigt war oder der Arbeitnehmer sie nicht selbst verschuldet hat. Zur Vermeidung der Sperrzeit, kann eine Kündigungsschutzklage hilfreich sein.

Gibt es eine Frist für eine fristlose Kündigung?

Ja, der Arbeitgeber muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes aussprechen (§ 626 BGB). Danach ist eine fristlose Kündigung nicht mehr möglich.

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