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Die Nebentätigkeit bezeichnet eine berufliche Tätigkeit, die ein Arbeitnehmer neben seiner Hauptbeschäftigung ausübt. Dieses Konzept hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen durch die Zunahme flexibler Arbeitsmodelle und den Wunsch vieler Arbeitnehmer nach zusätzlichem Einkommen oder beruflicher Weiterentwicklung.
Rechtlich bewegt sich die Nebentätigkeit im Spannungsfeld zwischen der grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit des Arbeitnehmers und den berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Die Zulässigkeit und Ausgestaltung von Nebentätigkeiten wird durch verschiedene gesetzliche Regelungen, arbeitsvertragliche Vereinbarungen und die Rechtsprechung bestimmt. Dabei spielen Aspekte wie Arbeitszeit, Wettbewerbsverbot, Loyalitätspflichten und sozialversicherungsrechtliche Fragen eine zentrale Rolle.
Die Regelungen zur Nebentätigkeit variieren je nach Beschäftigungsverhältnis und sind für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst und für Beamte unterschiedlich ausgestaltet.
Die Wurzeln der rechtlichen Regelungen zur Nebentätigkeit reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Mit der Industrialisierung und der Entstehung des modernen Arbeitsrechts wurde die Frage der Nebenbeschäftigung erstmals relevant. Zunächst gab es kaum Einschränkungen, da viele Arbeiter auf Zusatzeinkommen angewiesen waren.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden die Regelungen zur Nebentätigkeit zunehmend formalisiert. Mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) 1900 wurden grundlegende arbeitsrechtliche Bestimmungen festgelegt, die auch Auswirkungen auf Nebentätigkeiten hatten. In den 1920er Jahren wurden erste spezifische Regelungen für Beamte eingeführt.
Seit den 1960er Jahren hat die Bedeutung von Nebentätigkeiten stetig zugenommen. Die Flexibilisierung der Arbeitswelt, die Digitalisierung und der Wunsch nach Work-Life-Balance haben zu einer Diversifizierung der Beschäftigungsformen geführt. Dies spiegelt sich auch in der Rechtsprechung und Gesetzgebung wider, die zunehmend differenzierte Regelungen für Nebentätigkeiten entwickelt haben.
Nebentätigkeit - Grundlagen
Die Möglichkeit zur Ausübung einer Nebentätigkeit ist grundsätzlich durch Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützt, der die Berufsfreiheit garantiert:
"Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden."
Im Arbeitsvertrag können Vereinbarungen zur Nebentätigkeit getroffen werden. Häufig enthalten Arbeitsverträge Klauseln, die eine Anzeigepflicht oder sogar eine Genehmigungspflicht für Nebentätigkeiten vorsehen. Für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft gibt es keine spezifischen gesetzlichen Regelungen zur Nebentätigkeit. Es gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Treuepflicht des Arbeitnehmers gemäß § 241 Abs. 2 BGB:
"Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten."
Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst gelten besondere Regelungen, die im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) festgelegt sind. Für Beamte sind die Bestimmungen zur Nebentätigkeit im Bundesbeamtengesetz (BBG) und in den entsprechenden Landesgesetzen geregelt.
Zulässigkeit von Nebentätigkeiten
Grundsätzlich ist die Ausübung einer Nebentätigkeit erlaubt, sofern sie nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder vertragliche Vereinbarungen verstößt.
Einschränkungen ergeben sich insbesondere aus:
Arbeitszeitregelungen: Die Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) darf nicht überschritten werden.
Wettbewerbsverbot: Eine Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen ist in der Regel unzulässig.
Interessenkonflikten: Die Nebentätigkeit darf nicht zu Interessenkonflikten mit der Haupttätigkeit führen.
Beeinträchtigung der Arbeitsleistung: Die Haupttätigkeit darf durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt werden.
Anzeige- und Genehmigungspflichten
In der Privatwirtschaft besteht keine gesetzliche Anzeigepflicht für Nebentätigkeiten. Arbeitsverträge können jedoch eine solche Pflicht vorsehen.
Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst gelten strengere Regelungen. Nach § 3 Abs. 3 TVöD sind Nebentätigkeiten dem Arbeitgeber rechtzeitig vorher schriftlich anzuzeigen.
Für Beamte gelten die strengsten Regelungen. Nach § 99 BBG sind Nebentätigkeiten grundsätzlich anzeigepflichtig und in bestimmten Fällen genehmigungspflichtig.
Arbeitszeit und Nebentätigkeit
Die Gesamtarbeitszeit aus Haupt- und Nebentätigkeit darf die gesetzliche Höchstarbeitszeit nicht überschreiten. § 3 ArbZG legt fest:
"Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden."
Die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten müssen auch bei Ausübung einer Nebentätigkeit eingehalten werden. § 5 Abs. 1 ArbZG bestimmt:
"Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben."
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Geringfügige Beschäftigung
Viele Nebentätigkeiten werden als geringfügige Beschäftigung (Minijob) ausgeübt. Hier gelten besondere sozialversicherungsrechtliche Regelungen. Die Geringfügigkeitsgrenze liegt seit dem 1. Oktober 2022 bei 520 Euro monatlich.
Mehrfachbeschäftigung
Bei Mehrfachbeschäftigung werden die Einkünfte aus allen Beschäftigungsverhältnissen für die Sozialversicherung zusammengerechnet. Dies kann dazu führen, dass die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird und Versicherungspflicht eintritt.
Steuerrechtliche Aspekte
Steuerpflicht
Einkünfte aus Nebentätigkeiten sind grundsätzlich steuerpflichtig und müssen in der Einkommensteuererklärung angegeben werden.
Steuerklassenwahl
Bei sozialversicherungspflichtigen Nebentätigkeiten kann die Wahl der Steuerklasse relevant sein. Häufig wird für die Nebentätigkeit die Steuerklasse VI verwendet.
Im öffentlichen Dienst
Für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst gelten die Regelungen des TVöD. § 3 Abs. 3 TVöD legt fest:
"Nebentätigkeiten gegen Entgelt haben die Beschäftigten ihrem Arbeitgeber rechtzeitig vorher schriftlich anzuzeigen. Der Arbeitgeber kann die Nebentätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen."
Für Beamte gelten noch strengere Regelungen. § 99 BBG regelt die Anzeige- und Genehmigungspflichten für Nebentätigkeiten von Bundesbeamten. Ähnliche Regelungen finden sich in den Beamtengesetzen der Länder.
Wettbewerbsverbot und Interessenkonflikte
Gesetzliches Wettbewerbsverbot
Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gilt ein gesetzliches Wettbewerbsverbot. § 60 HGB, der analog im Arbeitsrecht angewendet wird, besagt:
"Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen."
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss explizit vereinbart werden und ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, insbesondere muss eine Karenzentschädigung gezahlt werden.
Praktische Beispiele
Lehrkraft mit Nachhilfeunterricht
Eine Lehrerin an einer öffentlichen Schule möchte nachmittags privat Nachhilfeunterricht geben. Sie muss diese Nebentätigkeit bei ihrem Dienstherrn anzeigen. Solange keine dienstlichen Belange beeinträchtigt werden und die Arbeitszeit- und Ruhezeitregelungen eingehalten werden, ist diese Nebentätigkeit in der Regel zulässig.
Softwareentwickler mit eigenem Start-up
Ein Softwareentwickler, der bei einem großen IT-Unternehmen angestellt ist, gründet in seiner Freizeit ein Start-up für App-Entwicklung. Hier können Interessenkonflikte und Wettbewerbsprobleme auftreten. Der Arbeitnehmer sollte die Nebentätigkeit mit seinem Arbeitgeber besprechen und möglicherweise eine schriftliche Genehmigung einholen.
Krankenpfleger als Taxifahrer
Ein Krankenpfleger arbeitet am Wochenende zusätzlich als Taxifahrer. Solange die Arbeitszeiten nicht mit seiner Haupttätigkeit kollidieren und die gesetzlichen Ruhezeiten eingehalten werden, ist diese Nebentätigkeit in der Regel unproblematisch.
BAG-Urteil zur Anzeigepflicht
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 18.01.2012 (Az. 10 AZR 612/10) entschieden, dass eine arbeitsvertragliche Klausel, die jede Nebentätigkeit von einer vorherigen Zustimmung des Arbeitgebers abhängig macht, unwirksam ist. Eine Anzeigepflicht kann jedoch vereinbart werden.
LAG-Urteil zu Arbeitszeiten
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hat in einem Urteil vom 24.01.2019 (Az. 5 Sa 342/17) festgestellt, dass ein Arbeitnehmer, der die zulässige Höchstarbeitszeit durch eine Nebentätigkeit überschreitet, gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt und gekündigt werden kann.
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