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Der Wiedereinstellungsanspruch im Arbeitsrecht

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Wiedereinstellungsanspruch

Der Wiedereinstellungsanspruch räumt Arbeitnehmern unter bestimmten Umständen das Recht ein, nach einer betriebsbedingten Kündigung wieder in ihrem alten Unternehmen beschäftigt zu werden. Dieser Anspruch ist nicht gesetzlich kodifiziert, sondern wurde durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entwickelt.


Er basiert auf dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB und dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Wiedereinstellungsanspruch greift, wenn sich die Geschäftsgrundlage für eine betriebsbedingte Kündigung nachträglich ändert und der Arbeitgeber wieder Mitarbeiter für vergleichbare Positionen einstellt.

Wiedereinstellungsanspruch

Der Wiedereinstellungsanspruch ist ein richterrechtliches Institut, das nicht explizit im Gesetz verankert ist. Seine rechtliche Basis findet sich in allgemeinen Rechtsprinzipien:


Grundsatz von Treu und Glauben

Der Wiedereinstellungsanspruch leitet sich primär aus § 242 BGB ab, der besagt: "Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern." Dieser Grundsatz verpflichtet den Arbeitgeber, bei einer wesentlichen Änderung der Umstände, die zur Kündigung geführt haben, die Interessen des ehemaligen Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz

Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht verbietet es dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund schlechter zu stellen als andere in vergleichbarer Lage. Dies gilt auch für die Frage der Wiedereinstellung.


Die Idee des Wiedereinstellungsanspruchs entwickelte sich in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit den 1950er Jahren: Bereits in den frühen Entscheidungen des BAG finden sich Überlegungen zur Nachwirkung des Arbeitsverhältnisses nach einer Kündigung. Diese waren zunächst auf spezielle Fallkonstellationen beschränkt. Mit dem Urteil vom 27.02.1997 (2 AZR 160/96) etablierte das BAG den Wiedereinstellungsanspruch als eigenständiges Rechtsinstitut. Das Gericht formulierte erstmals klare Kriterien für einen solchen Anspruch. In den folgenden Jahren präzisierte die Rechtsprechung die Voraussetzungen und Grenzen des Wiedereinstellungsanspruchs in zahlreichen Entscheidungen.


Voraussetzungen

Damit ein Wiedereinstellungsanspruch entstehen kann, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:


Betriebsbedingte Kündigung

Der Anspruch setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch eine betriebsbedingte Kündigung beendet wurde. Bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen kommt er nicht in Betracht.


Änderung der Geschäftsgrundlage

Es muss eine wesentliche Änderung der Umstände eingetreten sein, die ursprünglich zur Kündigung geführt haben. Dies kann beispielsweise eine unerwartete Verbesserung der Auftragslage oder eine Umstrukturierung des Unternehmens sein.


Zeitlicher Zusammenhang

Die Änderung der Umstände muss in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung stehen. Das BAG geht in der Regel von einem Zeitraum von maximal einem Jahr aus.


Vergleichbare Position

Der Arbeitgeber muss einen Arbeitsplatz zu besetzen haben, der mit der früheren Position des gekündigten Arbeitnehmers vergleichbar ist.


Geltendmachung

Der Wiedereinstellungsanspruch entsteht nicht automatisch, sondern muss vom Arbeitnehmer aktiv geltend gemacht werden:


Frist zur Geltendmachung

Der Arbeitnehmer muss seinen Anspruch innerhalb einer angemessenen Frist geltend machen. Das BAG hat in verschiedenen Entscheidungen Fristen zwischen einer und drei Wochen nach Kenntnis von den relevanten Umständen als angemessen erachtet.


Form der Geltendmachung

Eine formlose Mitteilung an den Arbeitgeber reicht aus. Aus Beweisgründen ist jedoch eine schriftliche Geltendmachung zu empfehlen.


Darlegungs- und Beweislast

Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die seinen Anspruch begründen. Er muss darlegen, dass sich die Umstände geändert haben und eine vergleichbare Position zu besetzen ist.


Rechtsfolgen

Wenn ein Wiedereinstellungsanspruch besteht, ergeben sich daraus verschiedene Rechtsfolgen:


Neuabschluss des Arbeitsvertrags

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem ehemaligen Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen. Dieser muss im Wesentlichen den Bedingungen des früheren Vertrags entsprechen.


Schadensersatz bei Verweigerung

Verweigert der Arbeitgeber die Wiedereinstellung trotz bestehenden Anspruchs, kann der Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen. Dieser umfasst in der Regel den entgangenen Verdienst.


Kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung

Der Wiedereinstellungsanspruch begründet keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellen.


Grenzen des Anspruchs

Der Wiedereinstellungsanspruch ist nicht unbegrenzt. Es gibt verschiedene Faktoren, die ihn einschränken oder ausschließen können:


Sozialauswahl

Stehen mehrere gekündigte Arbeitnehmer für eine Wiedereinstellung zur Verfügung, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. Dabei sind die Kriterien des § 1 Abs. 3 KSchG (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung) zu berücksichtigen.


Betriebliche Gründe

Der Arbeitgeber kann die Wiedereinstellung ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Stelle bereits anderweitig besetzt wurde.


Zeitliche Begrenzung

Der Anspruch erlischt, wenn seit der Kündigung eine zu lange Zeit verstrichen ist. Die Rechtsprechung geht in der Regel von einer Obergrenze von einem Jahr aus.


Praktische Bedeutung

Der Wiedereinstellungsanspruch spielt in der Praxis vor allem in folgenden Situationen eine Rolle:


Konjunkturelle Schwankungen

Bei Unternehmen, die starken konjunkturellen Schwankungen unterliegen, kann es vorkommen, dass nach einer Phase des Personalabbaus wieder Neueinstellungen vorgenommen werden müssen.


Beispiel: Ein Automobilzulieferer entlässt aufgrund eines Auftragseinbruchs 50 Mitarbeiter. Sechs Monate später erhält das Unternehmen einen Großauftrag und benötigt wieder Personal. Die gekündigten Mitarbeiter können in dieser Situation einen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen.


Restrukturierungen

Bei Umstrukturierungen von Unternehmen werden oft Stellen abgebaut, die später in ähnlicher Form wieder geschaffen werden.


Beispiel: Ein Unternehmen schließt eine Abteilung und kündigt den dort beschäftigten Mitarbeitern. Drei Monate später wird eine neue Abteilung mit ähnlichen Aufgaben eingerichtet. Die gekündigten Mitarbeiter können einen Wiedereinstellungsanspruch haben.


Saisonale Beschäftigung

In Branchen mit starken saisonalen Schwankungen kann der Wiedereinstellungsanspruch relevant werden, wenn Mitarbeiter außerhalb der Saison entlassen werden.

Beispiel: Ein Hotelbetrieb in einer Ferienregion entlässt zum Ende der Sommersaison einen Teil der Belegschaft. Zu Beginn der nächsten Saison werden wieder Mitarbeiter eingestellt. Die zuvor entlassenen Mitarbeiter können einen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen.



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Dr. Michael Thorn  Rechtsanwalt
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Beatrice v. Wallenberg  Rechtsanwältin und  Fachanwältin für Arbeitsrecht
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