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Zurückweisung der Kündigung: § 174 BGB

Aktualisiert: 21. Okt.

Die Zurückweisung der Kündigung wird in § 174 BGB geregelt, eine vielen Arbeitnehmern unbekannte und von vielen Arbeitgebern übersehene Vorschrift. Eine Zurückweisung gemäß § 174 BGB kann über die Wirksamkeit einer Kündigung entscheiden. Daher wollen wir Ihnen diese Vorschrift erläutern.

Zurückweisung der Kündigung - Anwalt Arbeitsrecht München DR. THORN Rechtsanwälte PartGmbB

1. Vertretung bei der Kündigung

Für eine rechtswirksame Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist nötig, dass sie von einer hierzu befugten Person ausgesprochen wird. Das ist unproblematisch, wenn der Arbeitgeber eine natürliche Person ist. Dann unterschreibt der Arbeitgeber selbst die Kündigung.


Schwieriger wird es, wenn eine Gesellschaft Arbeitgeberin ist: Gesellschaften können nicht selbst handeln. Sie werden dabei durch ihre Organe vertreten. Gesetzliche Vertreter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sind die Geschäftsführer. Hier bleibt alles unproblematisch, wenn ein zur Einzelvertretung befugter Geschäftsführer die Kündigung eigenhändig unterzeichnet, wie dies in § 35 GmbHG (Vertretung der Gesellschaft) geregelt ist:

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten [...]

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. [...]

(3) [...]

Bei einer größeren Gesellschaft besteht aber ein Bedürfnis zu einer weiteren Delegierung von Aufgaben. Das Gesetz ermöglicht deshalb die Vertretungsbefugnis auf eine dritte Person zu übertragen. Und damit sind wir an die Stelle, an der § 174 BGB ins Spiel kommt.

2. Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB

Die Vorschrift § 174 BGB bestimmt für einseitige Rechtsgeschäfte, zu denen die Kündigung zählt, dass ein Bevollmächtigter eine Vollmachtsurkunde vorlegen muss, wenn er eine Kündigung unterzeichnet und übergibt.

§ 174 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten: Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Vollmacht im Original nötig

Durch § 174 BGB wird bestimmt, dass die Vollmachtsurkunde im Original vorgelegt werden muss. Üblicherweise reicht es aus, wenn eine Vollmacht überhaupt existiert. Sie muss bei der Vornahme des Geschäfts oder bei Abgabe einer Willenserklärung nicht unbedingt vorgezeigt oder übergeben werden. Bei § 174 BGB ist hingegen erforderlich, dass die Vollmachtsurkunde im Original dem Empfänger ausgehändigt wird. Die Übergabe einer bloßen Kopie reicht nicht aus und kann dazu führen, dass das beabsichtigte Geschäft, d.h. die Vornahme einer Kündigung, scheitert.

Mit Originalvollmacht kündigen

Die Besonderheit des § 174 BGB ist, dass die Vollmachtsurkunde im Original gemeinsam mit der Kündigung vorgelegt werden muss. Dies bedeutet, dass bei Übergabe der Kündigung die Vollmacht im Original gleichzeitig übergeben werden muss.

In der Praxis wird das häufig übersehen. Allerdings ist in diesem Fall eine Nachreichung der Originalvollmacht nicht mehr möglich.

Zurückweisungsrecht des § 174 BGB

Eine weitere Besonderheit des § 174 BGB ist, dass Folgen nur dann eintreten, wenn der Empfänger aktiv wird. So gibt § 174 BGB dem Empfänger, üblicherweise dem Arbeitnehmer, das Recht die Kündigung zurückzuweisen, wenn die Kündigung ohne Originalvollmacht übergeben wird. Weil § 174 BGB eine Vorschrift zum Schutz des Empfängers ist, hat der Gesetzgeber die Rechtsfolgenden der Regelung davon abhängig gemacht, dass der Empfänger die fehlende Originalvollmacht rügt.

Die Rechtsfolgen des § 174 BGB machen daher ein Tätigwerden des Empfängers erforderlich. Wenn er passiv bleibt, kann er sich nicht auf die Folgen des § 174 BGB berufen.

Achtung: Kurze Frist bei § 174 BGB

Der Empfänger muss also aktiv werden. Hierzu gewährt § 174 BGB aber nur eine sehr kurze Frist: Die Zurückweisung der Kündigung wegen fehlender Vollmacht muss vom Empfänger "unverzüglich" erklärt werden. In § 174 BGB findet sich aber keine Differenzierung was unter "unverzüglich" zu verstehen ist.

Obwohl der Begriff "unverzüglich" in § 174 BGB nicht definiert wird, gibt es dennoch eine Regelung.

Hier gilt nämlich die Legaldefinition des Begriffes in § 121 Absatz 1 Satz 1 BGB. Unverzüglich bedeutet nach dieser Regelung „ohne schuldhaftes Zögern“. Damit wird freilich der eine unbestimmte Begriff lediglich durch einen nicht weniger unbestimmten Begriff ersetzt. Daher musste durch die Rechtsprechung geklärt werden, was letztlich "unverzüglich" ist. Die Gerichte betonen, dass in der Praxis die Frist durch den jeweiligen Einzelfall bestimmt wird. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass die Höchstfrist eine Woche beträgt.

Hier sollte möglichst sofort gehandelt werden, sobald ein Fall des § 174 BGB aufgedeckt wird oder eine Zurückweisung möglich erscheint. Im Zweifel sollte sofort die Zurückweisung erklärt werden.

3. Zurückweisung ausgeschlossen

In § 174 BGB ist auch geregelt, wann eine Zurückweisung nicht möglich ist. So ist die Zurückweisung ausgeschlossen, wenn der Empfänger vom Vollmachtgeber über die Bevollmächtigung informiert worden ist. Dies ergibt sich aus Satz 2 der Vorschrift: § 174 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten, Satz 2: Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Hierzu ist allerdings notwendig, dass der Vertretene den Empfänger in Kenntnis setzt. Eine zufällige Kenntniserlangung über Dritte reicht hierfür nicht aus. Allerdings ist auch ein stillschweigendes (= konkludentes) Inkenntnissetzen möglich. Ebenso ist die Zurückweisung ausgeschlossen, wenn der Ausspruch der Kündigung durch eine Person erfolgt ist, die üblicherweise hierzu bevollmächtigt ist, z.B. der Chef der Personalabteilung.

FAQ: § 174 BGB Zurückweisung der Kündigung

1. Was ist eine Zurückweisung der Kündigung gemäß § 174 BGB im Arbeitsrecht?

Eine Zurückweisung wird vom Empfänger einer Kündigung erklärt, wenn ein Bevollmächtigter keine Vollmacht mit der Kündigung vorgelegt hat.

Diese Zurückweisung ist von weitreichender rechtlicher Bedeutung, denn Folge ist, dass gemäß § 174 BGB die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft unwirksam ist. Eine wirksam zurückgewiesene Kündigung kann das Arbeitsverhältnis nicht beenden.

2. Wann kann eine Kündigung zurückgewiesen werden?

Zurückweisung gemäß § 174 BGB kommt immer dann in Betracht, wenn bei der Übergabe eine Kündigung durch einen Bevollmächtigten nicht gleichzeitig das Originals einer Vollmachtsurkunde vorgelegt wird.

Voraussetzung dafür ist, dass die Kündigung nicht vom Vertragspartner erklärt wird, sondern von einer hierzu bevollmächtigten Person. In der Praxis kommt das häufig vor. Für diesen Fall bestimmt § 174 BGB, dass diese Person bei Übergabe der Kündigung ihre Vollmacht durch Vorlage einer Originalvollmacht nachweisen muss.

3. Was bedeutet "unverzüglich" im Zusammenhang mit der Zurückweisung einer Kündigung?

Für die Zurückweisung regelt § 174 BGB dass die Zurückweisungserklärung "unverzüglich" zu erfolgen hat.

In der Vorschrift ist kein konkreter Zeitraum angegeben . Daher fragt sich wie lange "unverzüglich" in der Praxis ist. Das Wort "unverzüglich" wird in § 174 BGB nicht definiert. Dafür gibt es in § 121 BGB eine sogenannte Legaldefinition dieses Begriffs, d.h. eine Definition, die allgemein im Recht gilt. Hiernach bedeutet "unverzüglich" "ohne schuldhaftes Zögern". Das Gesetz definiert damit einen Zeitraum, in dem dem Empfänger Gelegenheit gegeben wird zu überlegen bzw. sich beraten zu lassen wie er auf die Kündigung reagieren will. Weil die Zeitspanne nicht für alle Situationen gleich zu bemessen ist, wird kein konkreter Zeitraum festgelegt, sondern nur umschrieben. Weil an den Empfänger die Anforderung gestellt wird, seine Erklärung "ohne schuldhaftes Zögern" abzugeben, wird in der Praxis von einer Frist von wenigen Tagen bis maximal einer Woche ausgegangen, denn in diesem Zeitraum ist eine Abklärung in der Regel möglich.

4. Ist "unverzüglich" dasselbe wie "sofort"?

Umgangssprachlich könnte "unverzüglich" durchaus dasselbe sein wie "sofort".

In der Rechtssprache werden die beiden Begriffe aber nicht synonym verwendet. Hier wird unter "sofort" verstanden, dass ohne jede Verzögerung gehandelt werden muss. Mit dem Wort "unverzüglich", in der Legaldefinition "ohne schuldhaftes Zögern", wird hingegen eine zeitliche Dynamisierung eingeführt. Im Gegensatz zu "sofort", das keine Verzögerung zuläßt, gewährt "unverzüglich" einen gewissen, wenn auch sehr knapp bemessenen, Zeitraum zur Handlung und Entscheidung.


Hinweis: Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken und stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten Rechtsfragen sollten Sie immer einen Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren, um eine individuelle und fundierte Beratung zu erhalten.


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Arbeitsrechtliche Angelegenheiten erfordern Fachwissen. Insbesondere bei Beurteilung einer Zurückweisung gemäß § 174 BGB können sich komplexe Fragen stellen. Wir empfehlen Ihnen, einen Experten hinzuzuziehen, weil Ihr Vorgehen von prozessentscheidender Bedeutung sein kann.

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