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Überstunden – Abrechnung, Geltendmachung, Rechtsprechung & Praxisfälle

Überstunden im Arbeitsrecht - Eine Übersicht


Überstunden gehören in vielen Branchen zum Arbeitsalltag. Oft stellt sich jedoch die Frage, ob und wie Überstunden vergütet werden müssen und welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben. Streitigkeiten entstehen häufig über die Vergütung, die Anordnung von Überstunden oder deren Dokumentation.

Diese Übersicht und die nachfolgenden Beiträge geben einen Einblick in die Überstunden im Arbeitsrecht, die Abrechnung, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie aktuelle Entwicklungen und Urteile.


Definition und Anordnung von Überstunden


Überstunden sind Arbeitszeiten, die über die vertraglich oder tariflich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen. Sie sind nicht mit Mehrarbeit zu verwechseln, die nur die Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit meint.

Ob ein Arbeitnehmer Überstunden leisten muss, hängt von mehreren Faktoren ab:


  • Arbeitsvertrag: Enthält der Vertrag eine ausdrückliche Regelung zu Überstunden?

  • Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag: Manche Branchen haben spezifische Regelungen zu Mehrarbeit.

  • Direktionsrecht des Arbeitgebers: In Notfällen oder außergewöhnlichen Situationen kann der Arbeitgeber Überstunden anordnen.


Ohne eine vertragliche Grundlage oder eine betriebliche Notwendigkeit sind Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten.


Vergütung oder Freizeitausgleich für Überstunden


Überstunden müssen entweder:


  • Vergütet werden oder

  • Durch Freizeitausgleich abgegolten werden, wenn dies vertraglich oder tariflich geregelt ist.


Sofern im Arbeitsvertrag keine anderslautende Regelung existiert, sind Überstunden grundsätzlich zu bezahlen. Die Berechnung erfolgt auf Basis des individuellen Stundenlohns.

Falls ein Arbeitsvertrag eine pauschale Überstundenabgeltung enthält (z. B. „Mit dem Gehalt sind alle Überstunden abgegolten“), kann dies unwirksam sein, wenn nicht konkret geregelt ist, welche Anzahl von Überstunden damit gemeint ist.


Dokumentationspflicht und Nachweis von Überstunden


Arbeitnehmer müssen nachweisen können, dass Überstunden geleistet und vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet wurden. Wichtige Nachweise sind:


  • Arbeitszeitaufzeichnungen (Stundenzettel, digitale Zeiterfassung)

  • E-Mails oder Anweisungen des Vorgesetzten

  • Zeugenaussagen von Kollegen


Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitnehmer die Beweislast tragen, wenn sie Überstunden geltend machen wollen.


Grenzen der Überstunden – Arbeitszeitgesetz (ArbZG)


Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) setzt klare Grenzen für Überstunden:


  • Maximal 8 Stunden pro Tag erlaubt (Ausnahmen: bis zu 10 Stunden, wenn innerhalb von 6 Monaten ein Ausgleich erfolgt).

  • Mindestens 11 Stunden Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen.

  • Sonn- und Feiertagsarbeit nur mit besonderen Genehmigungen.


Arbeitgeber, die diese Vorschriften missachten, riskieren hohe Bußgelder.


Besondere Regelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen


Nicht alle Arbeitnehmer sind zur Leistung von Überstunden verpflichtet:


  • Jugendliche unter 18 Jahren: Laut Jugendarbeitsschutzgesetz ist Mehrarbeit unzulässig.

  • Schwerbehinderte Arbeitnehmer: Haben das Recht, Überstunden abzulehnen (§ 207 SGB IX).

  • Teilzeitkräfte: Müssen nur dann Überstunden leisten, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart ist.


Für leitende Angestellte gelten häufig besondere Regelungen, da sie nicht immer unter das Arbeitszeitgesetz fallen.


Verjährung und Geltendmachung von Überstunden


Ansprüche auf Vergütung von Überstunden unterliegen einer gesetzlichen Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB). In vielen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen sind jedoch kürzere Ausschlussfristen (z. B. 3 oder 6 Monate) festgelegt. Wer seine Überstunden nicht rechtzeitig geltend macht, verliert unter Umständen seinen Anspruch.


Typische Streitpunkte bei Überstunden


In der Praxis kommt es häufig zu folgenden Problemen:


  • Arbeitgeber lehnen Bezahlung ab und verweisen auf „stille Duldung“.

  • Mitarbeiter leisten Überstunden ohne ausdrückliche Anweisung.

  • Freizeitausgleich wird nicht gewährt oder gestrichen.


Arbeitnehmer sollten daher immer darauf achten, dass Überstunden klar dokumentiert und abgesprochen werden.

Eine tarifliche Regelung zu Überstundenzuschlägen, darf nicht zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten diskriminierend unterscheiden. So entschied das Bundesarbeitsgericht bei einer Teilzeitbeschäftigten, die geltend machte gegenüber Vollzeitkräften benachteiligt zu werden. Das Gericht stellte klar: Teilzeitkräfte dürfen bei Überstunden nicht schlechtergestellt werden, sofern keine sachlichen Gründe für eine Differenzierung vorliegen.

Überstunden bei Teilzeitbeschäftigten

Eine tarifliche Regelung zu Überstundenzuschlägen darf nicht diskriminierend zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten unterscheiden. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung strikt einzuhalten ist, unabhängig davon, ob eine Person in Teilzeit oder Vollzeit arbeitet.

Arbeitnehmer müssen bei einer Klage auf Überstundenvergütung nachweisen, dass über die normale Arbeitszeit hinaus gearbeitet wurde und der Arbeitgeber Überstunden angeordnet oder geduldet hat. Dies bleibt unverändert durch die Verpflichtung zur Einführung eines Systems zur Messung der täglichen Arbeitszeit.

Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess

Wer Überstundenvergütung einklagen will, muss als Arbeitnehmer nachweisen, dass die Mehrarbeit angeordnet, gebilligt oder zumindest geduldet wurde. Zudem ist der genaue Umfang der Überstunden sowie deren Arbeitsinhalt detailliert darzulegen.

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